Dunkle Zeit? Wie der Atem das innere Feuer anfacht

Wir sind gerade in der Situation, in der das Lebens gedrosselt ist - keine Events, wenig Treffen, Kontakte und Außentermine. Mehr oder weniger freiwillig sind wir im pandemischen Lockdown auf uns selbst zurückgeworfen. Schon am Nachmittag ist es „zappenduster“ – was wir ohne Unterhaltung, Kultur und wärmende Cafés und Restaurants noch intensiver erleben. Wir schalten das Licht im Haus an – und suchen manchmal auch den Schalter für das Licht in unserem Innern.
Was uns dabei helfen kann, ist der Atem. Was jetzt im Außen fehlt, können wir versuchen, mit mehr Energie, mehr Feuer im Innern auszugleichen.
Aus der ganzheitlichen Perspektive ist der Atem der fundamentale Vorgang, der uns mit dem Leben verbindet. Das Wort „Atem“ ist verwandt mit dem indischen „Atman“, was „Lebenshauch“, „hohes Selbst“ und auch „Seele“ bedeutet. Etwa 20.000 Mal pro Tag atmen wir ein und aus – allerdings überwiegend unbewusst. Und in der Regel zu flach. Dabei ist die Atmung der einzige bedeutende physiologische Vorgang, den wir auch bewusst und direkt steuern können. So wie wir ein Lagerfeuer mit Luft anfachen können, so geht es auch mit unserer eigenen Körperenergie.
Atmen wir flach – was die allermeisten von uns tun - bekommen wir weniger Sauerstoff, haben weniger Energie und können weniger verbrauchte Stoffwechselprodukte in Form von CO2 u.a. abgeben. Die „Innere Atmung“, also die Versorgung der Zellen und Organe mit dem lebenswichtigen Sauerstoff ist eingeschränkt, wenn wir nur einen kleinen Teil unseres Atemvolumens nutzen. Das beschränkt die Funktion der Organe und erzeugt auf Dauer gesundheitliche Probleme.

Die Qualität unseres Lebens und unsere körperliche Verfassung hängen viel stärker mit der Atmung zusammen, als es uns bewusst ist. Hätten wir eine Warnampel für eine mangelnde Belüftung, würden wir mehr Aufmerksamkeit auf unsere Atmung verwenden.

Der Atem ist eine enorme Kraftquelle, kostenlos und immer verfügbar.

Das ist besonders bedeutsam in der aktuellen Situation, wo wir verstärkt auf unsere inneren Kräfte angewiesen sind.

Unseren Atemraum zu erweitern, ist – wie körperliche Bewegung - eine der effektivsten Maßnahmen, die wir für unser Wohlbefinden treffen können.

Zwei Übungen, die den Atemraum vergrößern, stellen wir in dieser Ausgabe vor. Solche Übungen wirken sich nicht nur positiv auf den Energiehaushalt und den Stoffwechsel aus, sondern haben auch ausgleichende Wirkung auf das vegetative Nervensystem und auf die Psyche. Durch längeres Ausatmen signalisieren wir unserem System, dass es sich entspannen darf. Das aktiviert den Parasympathikus, den Teil des autonomen Nervensystems, welchen wir nur indirekt beeinflussen können, der für Erholung und Entspannung zuständig ist.

Nicht umsonst sprechen wir vom „Durchatmen“, das uns wieder im Hier und Jetzt ankommen lässt.

Wer sich so entspannt hat, kann auch wieder besser in Kontakt mit sich selbst und mit anderen sein. Durch tieferes Atmen werden wir zu sozialeren Wesen, sind mehr mit uns selbst und mit dem Leben verbunden. So wird der Atem zum wirksamen Anfacher für das wärmende Lagerfeuer im Innern.

 

Andreas Fiedler

 

 

Bild zur Meldung: © pixabay.com