Umarmt euch gesund

Wir schlafen nicht nur zu wenig; im Schnitt leben wir auch ziemlich berührungsarm. Im Land der Singlehaushalte - 41 % der Menschen wohnen hier allein - kann man den Ausgleich dieses Mangels mittlerweile sogar als Dienstleistung in Form von Kuscheln in Anspruch nehmen. Das ist wichtig, denn chronische „Unterberührung“ beeinträchtigt die Gesundheit.

 

Wenn wir körperlich sind, kuscheln und uns berühren, werden Hormone ausgeschüttet:  Neben Serotonin, welches unser Immunsystem stärkt, sorgt Oxytocin dafür, dass wir uns wohl fühlen - es verbindet und stärkt die Beziehung. Bekannt ist es vor allem als „Kuschel- oder Treuehormon“, da es auch nach dem Sex ausgeschüttet wird. Es sorgt für Vertrauen und Empathie zwischen den Sexualpartnern. Jedoch nicht nur beim Sex kommt es zu einer Ausschüttung, sondern bereits bei einer Umarmung entfaltet es seine bindende Wirkung und ermöglicht Entspannung und Stressabbau. 

 

Positiver Körperkontakt stärkt das Immunsystem, baut Aggressionen ab, vermindert Herzkreislauf-Erkrankungen, lindert den Schmerz und hilft bei Traurigkeit. Eine Studie konnte zeigen, dass Frühgeborene schneller zunehmen, wenn sie massiert werden. Berührung fehlt vor allem bei älteren Menschen im Rentenalter und in Singlehaushalten. Auch bei Eltern, die ihre Kinder noch großziehen, kann ein Mangel entstehen. Körperkontakt mit den Kindern ist vor allem ein Geben. Zwischen den elterlichen Partnern kommt er im Alltag ebenfalls nicht selten zu kurz. Jedoch kann sich bereits eine Minute absichtsloser Umarmung täglich positiv auf unsere Gesundheit auswirken.

 

 

Doch was ist, wenn man sich nicht in einer partnerschaftlichen Beziehung befindet, in der Berührung (normalerweise) hauptsächlich stattfindet? Wie kommen Singles auf ihr gesundheitlich notwendiges Berührungspensum? Kuschelst Du mit Deinen Freunden? 

 

Körperkontakt wird in unserem Kulturkreis schnell in Verbindung mit einer sexuellen Absicht gebracht. Berührungen unter heterosexuellen Jungen und Männern entsprechen nicht den heteronormativen Konventionen unserer Gesellschaft. Schnell wird befürchtet als schwul eingeordnet zu werden. Nach wie vor ist gleichgeschlechtliche Liebe tabuisiert und wird vor allem unter Jugendlichen verpönt. Auch in einer Freundschaft zwischen  Heterosexuellen ist es schwierig mit dem Kuscheln. Berührung wird sexualisiert, eine Absicht unterstellt.

 

Heutzutage gibt es viele Möglichkeiten, außerhalb von Freundschaft, Familie und Partnerschaft, dafür zu sorgen, Berührungen zu erfahren. Jedenfalls in Großstadtnähe. Es gibt Kuschelpartys, Contact Impro, Veranstaltungen, die auf verbindenden Kontakt konzipiert sind und man kann Einzelsessions buchen, in denen man „gekuschelt wird“, umarmt oder einfach nur gehalten. 

Wie wäre es, jemand Befreundeten um eine absichtslose Massage oder Umarmung zu bitten? Berührung ist lebensnotwendig! Wanna free hug? 

 

Katharina Höricke

 

 

Bild zur Meldung: © August de Richelieu auf pexels