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Nichts wird mehr sein, wie es einmal war

Es geschah am 22. Januar vor 15 Jahren. Es war ein geselliger und fröhlicher Abend. Ich war mit Freundinnen beim Italiener essen. Da bekam ich einen Anruf von meinem Vater. Er war sehr aufgelöst und sagte: „Dein Bruder liegt auf der Intensivstation. Es sieht nicht gut aus.“ In dem Moment sackte ich innerlich in mir zusammen, denn ich wusste intuitiv: „Nichts wird mehr sein, wie es einmal war.“  

 

Nach vier Wochen Überlebenskampf im künstlichen Koma fiel er in ein Wachkoma. Nach drei Monaten wachte er schwerbehindert auf. Er war wie querschnittsgelähmt und konnte nicht einmal einen Finger bewegen. Er musste alles neu erlernen, das Schlucken, Essen, Sprechen und Lesen. Er war desorientiert und teilweise verwirrt. Es begannen viele Jahre der Rehabilitation.

 

Mein Bruder war damals 42 Jahre alt. Er war intelligent und dazu ein attraktiver Mann. Er war leidenschaftlicher Windsurfer, Arzt und viel in der Welt unterwegs. 

 

Heute kann er sich mit seinem Rollstuhl fortbewegen, er kann wieder sprechen, lesen und selbständig essen. Wir schreiben WhatsApp und können ganz normal miteinander telefonieren. Das war über sehr lange Zeit unvorstellbar und macht mich heute sehr glücklich. 

 

Mein Bruder hat zu keinem Zeitpunkt Groll über sein Schicksal gehegt. Auch ein späterer Oberschenkelbruch und eine Krebsdiagnose ließen ihn nicht aufgeben. Ich fragte ihn damals, als er gerade seine Chemotherapie hinter sich hatte, wie er mit all dem innerlich klar kommt. Er grinste mich an und sagte: „Schwesterherz – Du weißt ja, ich nehme alles mit, was geht.“  Seine Antwort hat mich sehr berührt und gleichzeitig fasziniert. 

 

Ich glaube, dass wir mehr psychisch gelitten haben als mein Bruder selbst. Das eigene Leiden entsteht immer nur durch unser Denken und Bewerten. Mein Bruder hat nie gejammert und mit seinem Schicksal gehadert. Er hat immer geduldig und zuversichtlich vorwärts geschaut. 

Das Verrückte ist - mein Bruder scheint jetzt glücklicher zu sein als in seinem alten Leben. Er lebt stets im Hier und Jetzt. Er ist viel offener, humorvoller, kommunikativer und dankbarer. Es ist, als ob er all seine Schutzhüllen abgelegt hat und nun ganz authentisch er selbst ist. Ich bewundere ihn sehr. 

 

Ich habe aus dieser Zeit sehr viel gelernt. Vor allem konnte ich die tiefe Erfahrung machen, dass ich trotz des großen Schmerzes gleichzeitig auch großes Glück empfinden kann.  So war ich eine glückliche Mama mit meiner damals fünf Monate alten Tochter und gleichzeitig eine tief verzweifelte traurige Schwester. Es war mir sehr wichtig, dass meine Tochter meine Traurigkeit nicht als ihre eigene übernimmt. Mir halfen damals ein MBSR-Kurs und das Reiki. 

 

Ich lernte meine Gedanken vorbeiziehen zu lassen und sie nicht zu bewerten. Ich lernte immer mehr, im Hier und Jetzt zu sein. Ich konnte mich auf das Zusammensein, den Moment mit meiner Tochter konzentrieren, ohne traurige Gedanken an meinen Bruder. Ich konnte dabei sogar tiefes Glück und Dankbarkeit fühlen. Das war nicht immer einfach, erforderte viel Kraftaufwand und immer wieder eine Entscheidung dafür. Das Reiki gab mir das Gefühl, etwas tun zu können, auch aus der Ferne. Es war wie eine meditative Pause, in der ich ganz zu mir selbst kam, mich mit etwas Höherem und gleichzeitig mit meinem Bruder verbunden fühlte. Das gab mir viel Kraft, Hoffnung und Vertrauen.

 

Das Leben kann uns jederzeit persönliche Katastrophen bringen. Darüber haben wir keine Kontrolle. Auch wenn wir denken, niemals wieder glücklich und unbeschwert zu sein, ist es dennoch möglich, selbst in der größten Krise, und wenn auch nur für kurze Augenblicke, Freude und Dankbarkeit zu empfinden. Alles ist in uns selbst. Mir gibt diese Erkenntnis das Gefühl von Selbstermächtigung – und das ist ein sehr gutes Gefühl, finde ich. Wie geht es Dir? Welche Erfahrungen hast Du gemacht?  

 

Kerstin Ruschen

 

Bild zur Meldung: Hans Moerman auf Unsplash

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